25.08.2023

 NDR Interview: 60 Jahre Bundesliga – eine Erfolgsgeschichte? Radio-Interview NDR Info zu 60 Jahre Bundesliga

NDR Interview: 60 Jahre Bundesliga – eine Erfolgsgeschichte? Radio-Interview NDR Info zu 60 Jahre Bundesliga

NDR: Von den Anfangsjahren bis heute – was hat sich am meisten verändert?

Von A wie Anstoßzeiten bis Z wie „Zeiglers wunderbare Welt des Fußballs" – es hat sich so viel geändert. Schon zu Beginn war die Bundesliga ein Massen-Phänomen, heute ist sie Kulturgut in Deutschland. Geändert haben sich die Zahlen, vor allem die Einnahmen und Ausgaben, aber auch die Zuschauerzahlen. Deutschland ist Weltrekordler in Sachen Stadionauslastung. Jetzt zum 60. Jubiläum wurde die Bundesliga mit rund 43.000 Zuschauern pro Spiel in einer fantastischen Stadion-Infrastruktur erneut Fußball-Zuschauer-Weltmeister vor England. Selbst unsere 2. Bundesliga konnte in der letzten Saison einen Zuschauer-Schnitt von knapp 22.300 verbuchen, damit belegen sie in Europa auch noch einen guten Platz vor großen Fußball-Nationen sicher unter den ersten 10.

Es gibt immer noch die ARD Sportschau, genauso das ZDF Sportstudio, aber es gibt auch Formate wie das von Arnd Zeigler, das sich kritisch-satirisch mit dem Profifußball auseinandersetzt. Sie alle sind Kinder der Liga, egal ob lineares TV oder Streaming-Dienst, auch Sky und DAZN zählen zu meinen Lieblings-Sendern.

NDR: Kritiker sprechen von der Kommerzialisierung des Fußballs. Richtig? Falsch? Was sagen Sie den Kritikern?

Natürlich ist der Fußball längst ein Wirtschaftszweig mit Milliarden-Umsätzen, aber damit auch ein potenter Steuerzahler geworden. Geht es um die Kritik an der Kommerzialisierung, geht es auch oft um die verschiedenen Anstoßzeiten. Aber wie will man es anders lösen? Die Vereine benötigen immer mehr Geld aus der TV-Vermarktung, um international konkurrenzfähig zu bleiben, also müssen sie Kröten schlucken. Zumal die Fans ja bereit sind, diesen Weg mitzugehen. Ohne Moos nix los – ein alter Spruch, der heute genauso gültig ist wie vor 60 Jahren. Allerdings haben sich die Summen nach oben verändert. Ich bin ein Anhänger der freien und sozialen Marktwirtschaft und hier regelt der Markt sich selbst. Die deutschen Klubs sind einem strengen Lizenzierungsverfahren unterworfen, der Wettbewerb stimmt, daran ändert auch die 12. Meisterschaft der Bayern nichts. Nein, wer die Kommerzialisierung nicht mitgehen will, der wird es schwer haben, in der Liga zu bleiben.

NDR: 100 Millionen Euro für Harry Kane – schießt Geld Tore?

Nicht Geld schießt Tore, sondern Qualität. Und die kostet Geld. Harry Kane wird den Bayern helfen, davon bin ich überzeugt. Was die 100 Millionen Euro angeht: warum sollten die Bayern ihn nicht nach zwei Jahren nach Saudi-Arabien verkaufen? Andererseits: bleibt er die vollen vier Jahre und verhilft dem FC Bayern mit seinen Toren zu nationalen und internationalen Titeln, dann hat sich jeder Euro für ihn gelohnt. Von Harry Kane's großer Offensive-Qualität werden seine Mitspieler bei den Bayern profitieren.

NDR: Wie steht es um die Nachwuchs-Förderung der Bundesliga-Vereine?

Als wir zu Beginn des Jahrtausends die Nachwuchs-Leistungszentren verbindlich eingeführt haben, war ich mitverantwortlich und ganz eng dabei. Die erste jüngere Generation trumpfte schon bei der WM 2010 in Südafrika mit dem 3. Platz groß auf und wurde dann 2014 gegen Argentinien in Brasilien Weltmeister.

Bundestrainer Jogi Löw und sein Assistent Hansi Flick konnten schon 2010 auf junge Leistungsträger wie Manuel Neuer (24), Jérôme Boateng (22), Philipp Lahm (27), Per Mertesacker (26), Bastian Schweinsteiger (26), Sami Khedira (23), Toni Kroos (22), Mesut Özil (22), Thomas Müller (21), Lukas Podolski (25) und dem Routinier Miro Klose (32) zurückgreifen.

Bei unserem WM-Sieg 2014 wurde der Kader mit Benny Höwedes (26), Mats Hummels (26), Christoph Kramer (23), André Schürrle (24), und dem goldenen Torschützen zum 1:0 Siegtor, Mario Götze (22), ergänzt.

Aktuell haben wir vermutlich beim Scouting und in der Ausbildung die Entwicklung verpennt. Ich hoffe, dass hier bald wieder auf höchstem Level gearbeitet wird. Denn klar ist: das 80-Millionen-Volk Deutschland hat genügend Talente. Sie müssen nur gefunden und richtig gefördert werden.

NDR: An welche Momente erinnern Sie sich besonders gern?

Natürlich an die großartigen und auch weitgehend erfolgreichen WM- und EM- Turniere unserer Nationalmannschaften. Dabei ging es mir nicht immer nur um Titel, die WM 1970 in Mexico mit dem dritten Platz steht mit den damaligen Stars Franz Beckenbauer, Wolfgang Overath, Uwe Seeler und Gerd Müller ganz oben in meiner Hitliste. Auch der EM-Sieg 1972 gegen Russland in Belgien bleibt mir in Erinnerung, ich hatte das Glück, das Halbfinale und Endspiel in Belgien als junger Fan live mitzuerleben.

Persönlich spielt bei mir natürlich Bayer Leverkusen eine große Rolle.
Hier kurz 3 Erlebnisse als Manager:

1996 unser Klassenerhalt durch das Tor von Markus Münch zum 1:1 gegen den 1. FC Kaiserslautern in der 93. Minute. Die Roten Teufel mussten dadurch abstiegen. Der 1.FCK wurde jedoch eine Woche später DFB-Pokalsieger in Berlin und nach seinem direkten Wiederaufstieg 1998 mit Otto Rehhagel sogar Deutscher Meister vor Bayern München.
Wir qualifizierten uns in der Folge-Saison 1996/97 als Vize Meister mit dem neuen Cheftrainer Christoph Daum für die Champions League.

1988 UEFA-Cupsieger mit einer jungen, preiswerten Mannschaft.
Das Viertelfinale, das wir durch ein 1:0 des Brasilianer Tita beim FC Barcelona gewannen und danach knapp, aber glücklich, über Werder Bremen das Finale erreichten. Den UEFA-Cup holten wir nach Elfmeterschießen gegen Espanyol.

2002 wurde Vize-Kusen geboren. Vize-Meister hinter Dortmund, aber vor den Bayern. Vize-Pokalsieger gegen Schalke und ein unglückliches 1:2 im Champions League-Finale gegen Real Madrid. Trotzdem war und bin ich stolz auf dieses Bayer 04-Team.