18.03.2018

„Eine Wachablösung am Rhein – das war Traumtänzerei!“

„Eine Wachablösung am Rhein – das war Traumtänzerei!“

Reiner Calmund schreibt im Kölner Stadtanzeiger zum Thema Derby gegen Bayer 04 Leverkusen

Natürlich verbindet man Reiner Calmund (69) auch 14 Jahre nach seinem Ausscheiden als Geschäftsführer immer noch mit Bayer 04 Leverkusen. Sein Herz gehört der Werkself, aber man kann dem in Frechen aufgewachsenen Calmund getrost abnehmen, dass er auch für den 1. FC Köln Sympathie hat.

„Ich gönne dem FC das Wunder Klassenerhalt von Herzen, aber natürlich drücke ich auch meinem Klub Bayer 04 alle Daumen für die Champions League Qualifikation", sagt „Calli".
Seine Familie besteht auch aus Fans beider Vereine. „Meine älteste Tochter ist FC-Fan, ihre zwei Söhne - darunter mein jüngster Enkel - stehen am Sonntag im Bayer-Block und feuern die Werkself an. Ich gestehe: Bei aller Sympathie für den FC trage ich im Derby auch ein Bayer-Unterhemd."

Vor dem Derby am Sonntag im Rhein-Energie-Stadion (15.30 Uhr) spricht Calmund über...

...die Ausgangslage beider Klubs, die sich in nur wenigen Monaten wieder komplett verändert hat:

„Bayer konnte in der vergangenen Saison seine PS nicht auf die Straße bringen und musste am Ende froh sein, den Klassenerhalt gepackt zu haben. Der FC lebte vom Teamgedanken, der ungeahnte Kräfte freisetzte, der tollen Form von Torjäger Anthony Modeste und natürlich auch davon, dass Klubs wie Leverkusen, Schalke, Wolfsburg oder Mönchengladbach deutlich schwächer spielten als erwartet. Wer aber aus Köln von einer Wachablösung am Rhein geträumt hat, dem muss man sagen: Das war Traumtänzerei! Der FC hat sich erstmals nach fast drei Jahrzehnten wieder für einen europäischen Wettbewerb qualifiziert. Bayer ist da in jeder Hinsicht deutlich weiter als der FC."

...die Chancen, dass Köln doch noch den Klassenerhalt schafft:

„Auch wenn das klingt wie die Durchhalteparole vom dicken Onkel Reiner: Unmöglich ist es nicht. Aber irgendwann müssen die Big Points gemacht werden. Die Kölner brauchen tonnenweise Glück, aber die Geschichte zeigt uns, dass solche Wunder möglich sind. Momentan sehe ich den FC von allen gefährdeten Klubs wie Wolfsburg, Mainz und dem HSV in der fußballerisch besten Verfassung. Allerdings sind die Kölner wegen des großen Rückstands gezwungen, noch zwölf bis 15 Punkte zu holen, um 16. zu werden. Wie schwer das ist, belegt die Tatsache, dass der FC bisher überhaupt erst vier Spiele gewonnen hat."
...die Möglichkeit einer direkten Bundesliga-Rückkehr des FC im Fall des Abstiegs:

„Es würde kein Selbstläufer, aber aufgrund der finanziellen Möglichkeiten gegenüber den Konkurrenten, der fachlichen Manpower im Präsidium und Vorstand sowie der zu erwartenden Unterstützung der tollen Fans wäre ich da sehr optimistisch."

...über die jetzt aufkeimenden Wechsel-Gerüchte um FC-Nationalspieler Jonas Hector, Verteidiger Dominique Heintz oder Torhüter Timo Horn, die im Abstiegsfall Ausstiegsklauseln in ihren Verträgen haben:

„Wenn du auch als Letzter solche überragende Spieler hast, dann ist es der normale Lauf, dass sie bei anderen Klubs gehandelt werden. Sollte der FC absteigen, kann man ihnen doch nicht verübeln, dass sie bei ihrer Klasse in der Bundesliga bleiben wollen. Ich bin mir aber ganz sicher, dass sie bis zum Saisonende weiter alles für den FC geben werden. Diese Ausstiegsklauseln sind branchenüblich, da kann man dem FC nichts vorwerfen. Ohne sie hätten sich die Spieler wohl gar nicht erst darauf eingelassen, ihren Vertrag zu verlängern. Und vor einem Jahr hat sicherlich niemand damit gerechnet, dass die Kölner jetzt Tabellenletzter sind. Ich bin mir sicher: Es wird im Abstiegsfall keinen Ausverkauf geben, der FC wird einen guten Stamm behalten. Es wird zwar den einen oder anderen personellen Nackenschlag geben, aber andersherum gehen auch neue Türen auf."

...über eine mögliche Weiterbeschäftigung von Stefan Ruthenbeck als Trainer der Kölner Profis:

„Stefan Ruthenbeck macht aus meiner Sicht einen guten Job. Die Auftritte der Mannschaft sind okay, da ist Zug drin. Er spricht Fehler klar an, beschönigt nichts. Ob man in allen Spielen immer so auf die offensive Karte setzen musste, darüber lässt sich diskutieren. Aber mir ist ein Trainer wie er mit einem klaren Matchplan lieber als einer, der Wischiwaschi spielen lässt. Armin Veh wird das mit seiner Erfahrung sicherlich gut bewerten können."

...Leverkusens Chancen auf die Champions-League-Teilnahme:

„Die junge Bayer-Truppe wird sich nach dem Seuchenjahr zumindest für einen internationalen Wettbewerb qualifizieren, wenn alles normal läuft, sogar für die Champions League."

...Bayers Führungscrew mit Rudi Völler, Jonas Boldt und Heiko Herrlich:

„Ich verbeuge mich vor allen Drei und gratuliere. Rudi steht jetzt fast 25 Jahre bei Bayer an vorderster Front. Er ist das Gesicht dieses Klubs. Jonas Boldt ist einer der besten jungen Bundesliga-Manager mit einem unglaublich hohen Maß an Identifikation. Schon seit dem sechsten Lebensjahr ist er ein glühender Bayer-Fan, sein Vater unterstützte uns schon als Flughafen-Stationschef bei vielen Reisen. Und Heiko Herrlich ist als Trainer ein Glücksfall für den Verein. Ich freue mich sehr darüber, zumal damals bei seinem ersten Auftritt als hoffnungsvoller junger Topstürmer nicht alles rund lief." Heiko feierte schon mit 17 Jahren sein Debüt für Bayer 04, durch den Mauerfall und unsere Verpflichtungen von Kirsten und Thom war er trotz 75 Bundesliga Spielen zu selten fester Startspieler und wechselte 1993 nach Mönchengladbach, wo er genau wie später in Dortmund große Erfolge feierte. Bundesliga-Torschützenkönig, Champions League Gewinn, sowie zweifacher Deutscher Meister und DFB Pokalsieger. Ich würde es ihm von Herzen gönnen, wenn er als Trainer an diese Karriere anknüpfen könnte.

Quelle: https://www.ksta.de/29885040